Muskelaufbau: Low-Carb, Low-Fat oder High-Carb Ernährung?

faktengeprüft

Muskelaufbau Low-Carb, Low-Fat oder High-Carb Ernährung

Immer wieder werden spezielle Ernährungs-Varianten angepriesen, die angeblich nicht nur gesünder, sondern auch besser für den Muskelaufbau sein sollen.

Dazu zählen unter anderem die starke Begrenzung von Kohlenhydraten (Low-Carb oder Keto), die starke Reduzierung von Fett (Low-Fat) oder eine besonders kohlenhydratreiche Ernährung (High-Carb).

In diesem Artikel sehen wir uns an, was nach einer ausführlichen Analyse der wissenschaftlichen Erkenntnisse von diesen vermeintlichen Vorteilen tatsächlich noch übrig bleibt.

Kurzum: Die Studienlage zeigt deutlich, dass keine dieser speziellen Ernährungsformen irgendwelche belastbaren Vorteile für den Muskelaufbau gegenüber einer normalen Ernährung hat – teilweise machen sie den Muskelaufbau sogar noch schwerer.

Was du über Low-Carb, Low-Fat, und High-Carb Diäten bezüglich Muskelaufbau wissen musst, erfährst du jetzt.

Kann man mit Low-Carb (Keto) Muskeln aufbauen?

Muskelaufbau mit einer Low-Carb Ernährung ist zwar nicht unmöglich – allerdings für die meisten Menschen deutlich schwieriger als mit einer ausgewogeneren Ernährung.

Bei moderaten Low-Carb Diäten stammen maximal 20% der Energieaufnahme aus Kohlenhydraten, während der Großteil der Kalorien aus Fett und Protein bezogen wird.

Bei strengeren Varianten, wie etwa der Atkins oder Keto-Diät, entfallen weniger als 10% auf Kohlenhydrate.

Die meisten Menschen machen eine Low-Carb Diät zum Fettabbau oder aus gesundheitlichen Gründen – nicht jedoch, um gezielt und optimal Muskeln aufzubauen.

Deshalb gibt es noch nicht allzu viele hochwertige Studien, die den Effekt einer Low-Carb Ernährung speziell auf den Muskelaufbau durch Hypertrophie-Training untersuchen.

Zwar legen manche Studien (etwa diese) nahe, dass Muskelaufbau mit einer Low-Carb Ernährung möglich ist: in ihr bauten 25 Studenten mit einer ketogenen Diät genauso gut Muskeln auf wie die Gruppe mit einer normalen Diät.

Allerdings kommt die Mehrheit aller Studien eher zu dem Konsens, dass Low-Carb Diäten zwar gut für Fettabbau, jedoch weniger gut zum Aufbau von Muskelmasse geeignet sind.

Beispielsweise reduzierten in dieser Studie zwar beide Teilnehmer-Gruppen vergleichbar Fettmasse, allerdings verlor nur die Low-Carb Gruppe auch Muskelmasse.

Die Gruppe mit einer normalen Diät hingegen behielt ihre Muskelmasse und legte sogar an Stärke zu.

Ebenso schlussfolgert diese hochwertige Studie von Dr. Schoenfeld et al. mit weiblichen Teilnehmerinnen, dass:

„…eine Keto-Diät zwar effektiv zum Fettabbau, jedoch suboptimal zum Aufbau von Muskelmasse“ ist.

Auch diese Studie kommt zu demselben Fazit, dass eine Low-Carb Ernährung nicht optimal zum Aufbau fettfreier Körpermasse (wozu Muskelmasse gehört) geeignet ist.

Wenn du nur sehr wenige oder gar keine Kohlenhydrate mehr zu dir nimmst, stellt dein Stoffwechsel nach relativ kurzer Zeit von Glucose als primäre Energiequelle auf sogenannte Ketone um, die er in der Leber aus den Fettreserven des Körpers herstellt.

Dieser als Ketose bezeichnete Stoffwechselzustand ist jedoch ein kataboler (abbauender) Zustand – in ihm kann daher nur sehr begrenzt (oder gar keine) neue Muskelmasse aufgebaut werden (Studie, Studie, Studie, Studie).

Warum Low-Carb nicht ideal für Muskelaufbau ist

Low-Carb Diäten haben gleich mehrere Nachteile gegenüber kohlenhydratreichen Ernährungsformen in Bezug auf optimalen Muskelaufbau.

Eines der größten Probleme bei einer Low-Carb Diät bezüglich Muskelaufbau ist, dass der hohe Fettanteil in der Ernährung stark sättigend ist, wodurch in Summe weniger Kalorien aufgenommen werden als bei einer kohlenhydrathaltigen Ernährung (Studie).

Das mag zwar wünschenswert sein, wenn du in Summe weniger essen und so ein Kaloriendefizit herstellen möchtest, um Fett abzubauen (mehr dazu hier).

Mit Ausnahme von übergewichtigen Menschen ist für optimalen Muskelaufbau jedoch nachweislich ein Kalorienüberschuss förderlich oder sogar zwingend notwendig (mehr dazu hier).

Das bestätigt unter anderem diese Studie, in der es den meisten Teilnehmern in der Low-Carb Gruppe trotz bester Bemühungen nicht gelang, die vorgeschriebene Kalorienzahl zu erreichen.

In der Studie absolvierten bereits gut trainierte und sportliche Frauen das gleiche Trainingsprogramm, wobei eine Gruppe sich normal ernährte, während die andere Gruppe nur 9% ihrer Kalorien aus Kohlenhydraten bezog (Low-Carb bzw. Keto).

Veränderung Körpermasse Keto-Diät vs. Nicht-Keto

Wie du an den Studienergebnissen siehst, verlor die Ketogruppe neben Fettmasse auch Muskelmasse, während die Nicht-Keto-Gruppe sogar neue Muskelmasse zulegen konnte.

Neben der Schwierigkeit, auf genügend Kalorien zu kommen, weisen die Studienautoren zudem darauf hin, dass die starke Kohlenhydrat-Restriktion von Low-Carb Diäten zu Gluconeogenese und als Folge zu verstärktem Abbau von Muskelprotein führen kann. 

Tatsächlich verlieren in den meisten Studien die Teilnehmer in den Keto-Gruppen insgesamt Körpergewicht, was ein starkes Indiz dafür ist, dass sie sich in einem Kaloriendefizit befinden.

Darum schlussfolgert diese neuere Meta-Analyse von 5 Studien sogar, dass der Hauptgrund dafür, dass Low-Carb Diäten eher ungünstig für den Muskelaufbau sind, weniger die kohlenhydratarme Ernährungsweise an sich sein könnte.

Stattdessen ist das Fazit der Autoren, dass der Hauptgrund dafür vielmehr der stark sättigende Effekt von Low-Carb Diäten zu sein scheint, was fast immer früher oder später zu einem Kaloriendefizit führt, welches bekanntlich suboptimal für Muskelaufbau ist (mehr dazu hier).

Low-Carb: wachstumshemmende hormonale Effekte?

Neben dem kaum zu vermeidenden Kaloriendefizit durch Low-Carb oder Keto-Diäten sehen einige Studien jedoch darüber hinaus noch weitere Gründe dafür, warum diese Ernährungsformen nicht ideal für Muskelaufbau sind.

Beispielsweise legen Untersuchungen nahe, dass Low-Carb Diäten bei Männern das Testosteron-Level verringern und gleichzeitig das Cortisol-Level erhöhen können (Studie, Studie).

Das ist deshalb gleich doppelt ungünstig, weil Testosteron ein potentes anaboles (aufbauendes) Hormon ist und den fettfreien Muskelaufbau unterstützt, während das Stresshormon Cortisol eine katabole (abbauende) Wirkung hat und somit zum Verlust von Muskelmasse und Stärke führen kann (Studie).

Weiterhin führt eine Low-Carb oder Keto-Diät erwartungsgemäß zu wesentlich geringeren Blutzuckerwerten, woraufhin wesentlich weniger Insulin ausgeschüttet wird.

Insulin ist jedoch das wesentliche Transportmedium, mit dessen Hilfe Glukose und Aminosäuren in die Muskelzellen befördert werden, welche zur Regeneration und zum Aufbau neuer Muskelmasse beitragen.

Darüber hinaus ist Insulin ebenfalls ein potentes anaboles Hormon, weshalb es eine wichtige Rolle beim Muskelaufbau spielt (Studie, Studie). 

Außerdem stellte diese Studie mit Bodybuildern neben einer Verringerung der Insulinwerte auch eine Reduktion von Testosteron um 11% und des Insulin-ähnlichen Hormons IGF-1 um 15% durch eine Low-Carb Diät fest.

Die Studienautoren schlussfolgerten deshalb, dass die Verringerung all dieser anabolen Hormone zusammengenommen (Testosteron, Insulin, IGF-1) das deutlich verringerte Muskelwachstum bei Low-Carb Diäten in Verbindung mit Krafttraining erklären könnte.

Die Vorteile von Kohlenhydraten für den Muskelaufbau sind übrigens selbst in der Low-Carb-Gemeinschaft bekannt, weshalb es dort spezielle Keto-Varianten gibt, die zumindest teilweise Kohlenhydrate enthalten, beispielsweise:

  • Zyklische ketogene Diät: Bei dieser Variante kannst du an 1 bis 2 Tagen pro Woche Kohlenhydrate zu dir nehmen, um dadurch von den muskelaufbauenden Vorteilen einer kohlenhydrathaltigen Ernährung zu profitieren.
  • Gezielte ketogene Diät: Bei dieser ketogenen Variante kannst du kurz vor dem Training erhöhte Mengen an Kohlenhydraten zu dir nehmen.

Diese Varianten der Keto-Diäten veranschaulichen deutlich die Tatsache, dass eine “reine” ketogene Ernährung nicht in erster Linie auf Trainierende abzielt und nicht optimal für Muskelaufbau ist, weshalb derartige kohlenhydrathaltige Varianten entstanden sind.

Kann man mit Low-Fat Ernährung Muskeln aufbauen?

Im Gegensatz zur eben beschriebenen Low-Carb Ernährung begrenzt du bei einer Low-Fat Diät nicht deine Kohlenhydrate, sondern den Anteil von Fett an deiner Ernährung.

Zunächst existiert zwar keine wissenschaftlich abgesicherte, exakte Menge an Fett, die für Muskelaufbau optimal wäre.

Fett ist jedoch ein essentieller Makronährstoff, ohne den du nicht leben kannst und ihn deshalb zwingend über die Nahrung aufnehmen musst – im Gegensatz zu Kohlenhydraten.

Insbesondere ist bekannt, dass eine zu geringe Fettaufnahme zu verringerten Testosteronwerten führen kann, was sich u.a. nachteilig auf den Muskelaufbau auswirken würde (Studie). 

Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen empfehlen deshalb, dass etwa 15-35% deiner Kalorienzufuhr aus hochwertigen und gesunden Fetten stammen sollten (Studie, Studie, Studie).

Eine andere praktische Herangehensweise ist, etwa 0,5 bis 1,5 g Fett pro kg Körpergewicht anzustreben.

Weil du ohnehin täglich mindestens 1,6 g Protein pro kg Körpergewicht zu dir nehmen solltest (mehr dazu hier), kannst du den Rest einfach mit Kohlenhydraten auffüllen, bis du dein Kalorienziel erreichst.

Ist High-Carb besser für Muskelaufbau?

Eng verbunden mit der eben beschriebenen Low-Fat Ernährung ist die High-Carb Diät, in der du anteilig sehr viele Kohlenhydrate zu dir nimmst.

Tatsächlich sind die meisten Low-Fat Ernährungsformen aus praktischer Sicht gleichzeitig High-Carb Diäten, weil die meisten Menschen bei geringer Fettaufnahme neben Protein eben vor allem Kohlenhydrate zu sich nehmen.

Einer sehr kohlenhydratreichen Ernährung wird oft nachgesagt, dass sie besonders vorteilhaft für sportliche Leistung und Muskelaufbau sei.

Um es kurz zu machen: es gibt keine belastbaren wissenschaftlichen Studien, die einen Vorteil von High-Carb Diäten für Muskelaufbau gegenüber ausgeglichener Ernährung finden konnten.

Diese Tatsache belegt eindrücklich diese systematische Meta-Analyse von 49 (!) Studien, bei der nicht eine einzige Studie Vorteile von kohlenhydratreicher Ernährung bezüglich Muskelaufbau oder Leistungsfähigkeit beim Krafttraining zeigen konnte.

Das mag viele überraschen, da Kohlenhydrate ja bekanntermaßen der einzige Makronährstoff sind, der kurzfristig zur Energiebereitstellung genutzt werden kann und zudem nachweislich vorteilhaft bei Ausdauersport wirkt (Studie, Studie).

Glykogen verkürzt zwar tatsächlich die Regenerationzeit der Muskulatur nach dem Training und erhöht die Proteinsynthese (Bildung neuer Muskelmasse) – insbesondere bei gleichzeitiger Aufnahme von Kohlenhydraten und Protein (Studie, Studie, Studie, Studie, Studie).

Der Knackpunkt ist jedoch, dass selbst eine lange und intensive Krafttrainingseinheit nicht einmal annähernd die Glykogenspeicher deiner Muskulatur entleert (solange du nicht gefastet trainierst).

Außerdem lassen sich die Glykogenspeicher nach dem Training auch mit einer ganz normalen kohlenhydrathaltigen Ernährung schnell und effizient wieder auffüllen, ohne dass dafür eine spezielle High-Carb Diät notwendig wäre.

Konkret zeigt die Meta-Analyse, dass selbst intensives Krafttraining mit bis zu 10 Sätzen pro Muskelgruppe die Muskelglykogenspeicher nicht ausreichend entleert, damit es dadurch zu Leistungseinschränkungen kommen würde. 

Darüber hinaus werden die Glykogenspeicher selbst bei einer extrem kohlenhydratarmen Ernährung innerhalb von 24 Stunden wieder ausreichend aufgefüllt (falls nötig auch über kohlenhydratunabhängige Stoffwechselwege, wie etwa im Falle einer Keto-Diät oder beim Fasten).

Die einzigen Studien, die Vorteile durch eine High-Carb Ernährung fanden, waren nicht kalorienangepasst zwischen den Teilnehmer-Gruppen und deshalb wenig aussagekräftig (da ein Kalorienüberschuss bekanntlich Muskelwachstum fördert).

Ausnahmen: eine sehr kohlenhydratreiche Ernährung scheint laut der Meta-Analyse tatsächlich dann vorteilhaft zu sein, wenn du im gefasteten Zustand trainierst, Krafttraining mit mehr als 10 Sätzen pro Muskelgruppe absolvierst oder Ausdauersport betreibst. 

Fazit: Low-Carb, Low-Fat oder High-Carb für Muskelaufbau?

Wie du in diesem Artikel gesehen hast, ist keine dieser mehr oder weniger restriktiven Ernährungsweisen ideal oder vorteilhaft für den Muskelaufbau im Vergleich zu einer normalen, ausgeglichenen Ernährung.

Die gute Nachricht ist also, dass keine spezielle oder komplizierte Ernährungsweise notwendig ist, wenn du erfolgreich Muskeln aufbauen willst.

Falls du eine dieser Ernährungsformen ausprobieren möchtest oder aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen folgen musst, ist damit zwar immer noch Muskelaufbau möglich – solange du genügend Kalorien und Protein zu dir nimmst und richtig trainierst (mehr dazu hier).

Gleichzeitig solltest du dir von diesen Ernährungsformen aber keine falschen Illusionen machen, da sie nachweislich definitiv nicht “besser” für den Muskelaufbau sind als eine ausgewogene Ernährung.

Um optimal Muskelmasse aufzubauen, musst du lediglich die folgenden Aspekte in deiner Ernährung priorisieren:

  1. Nimm genügend Protein zu dir: täglich mindestens 1,6 g pro kg Körpergewicht (mehr dazu hier)
  2. Weil Fett ein lebensnotwendiger und zudem für den Hormonhaushalt (und somit auch für den Muskelaufbau) wichtiger Makronährstoff ist, solltest du ihn nicht vernachlässigen und ca. 0,5-1,5 g pro kg Körpergewicht anstreben (ca. 15-35% deiner Kalorien sollten aus Fett kommen).
  3. Achte darauf, dass du dich in einem geringen Kalorienüberschuss befindest (mehr dazu hier).
  4. Da du nun bereits dein Minimum an Protein und Fett kennst, kannst du den Rest beliebig und flexibel auffüllen (i.d.R. mit Kohlenhydraten), bis du deine angestrebten täglichen Kalorien erreichst.

Wie du siehst, ist die übermäßige Fokussierung auf die genaue Verteilung der Makronährstoffe untereinander weder notwendig noch wissenschaftlich sinnvoll für effizienten Muskelaufbau.

Solange du genügend Protein und Kalorien sowie zumindest ein Minimum an essentiellen Fetten zu dir nimmst, spielt die genaue Verteilung und das Verhältnis der übrigen Makronährstoffe keine wesentliche Rolle.

Das ist doch eine sehr gute Nachricht, weil es dir ein großes Maß an Flexibilität erlaubt, um deine Ernährung so zusammenzustellen, wie sie dir am besten passt und schmeckt.

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