9 Gründe, warum Frauen anders trainieren sollten als Männer

faktengeprüft

Sind die biologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern tatsächlich so groß, dass sie komplett verschiedene Trainingsprogramme notwendig machen?

Im Großen und Ganzen sollten Frauen und Männer zwar sehr ähnlich trainieren, wenn sie mehr Muskelmasse aufbauen und stärker werden wollen.

Allerdings gibt es tatsächlich mehrere Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die Anpassungen und Änderungen an den Trainingsplänen rechtfertigen, um sie für Frauen zu optimieren.

Im Folgenden erfährst du die wichtigsten Unterschiede zwischen Frauen und Männern bezüglich Krafttraining und Muskelaufbau und was das für dich in der Praxis bedeutet. 

Sollten Frauen und Männer unterschiedlich trainieren?

Jein. Auf der einen Seite ist die grundsätzliche Anatomie von Männern und Frauen identisch – beide Geschlechter haben schließlich dieselben Knochen und Muskelgruppen, welche trainiert werden sollen.

Weiterhin müssen beide Geschlechter im Großen und Ganzen sehr ähnlich trainieren, wenn sie Muskelmasse aufbauen und stärker werden wollen.

Das heißt zum einen, dass es keine „Männer-Übungen“ oder “Frauen-Übungen” gibt.

Bankdrücken, Kreuzheben und Bizeps-Curls sind für Frauen also genauso effektiv und sinnvoll für Muskelaufbau wie etwa Hip Thrusts oder Kickbacks für Männer.

Zum anderen gilt für Frauen wie für Männer, dass sie mit relativ schweren Gewichten im Bereich von 5 bis 30 Wiederholungen trainieren müssen und genügend Trainingsvolumen pro Woche benötigen, um effektiv Muskeln aufzubauen.

Im Wesentlichen sollten Frauen also tatsächlich grundsätzlich so trainieren wie Männer – beispielsweise dieselben Übungen, mit relativ schweren Gewichten, einer sauberen, kontrollierten Technik und im selben Wiederholungsbereich.

Auf der anderen Seite bestehen jedoch tatsächlich einige wesentliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen – insbesondere auf hormoneller Ebene, was Auswirkungen auf das Training hat.

Folglich sollten Frauen im Detail etwas anders trainieren als Männer, um ihre biologischen Eigenschaften und Vorteile optimal zu nutzen.

Warum Frauen anders trainieren sollten als Männer

Die folgenden Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind wissenschaftlich nachgewiesen und treffen deshalb auf die meisten Menschen zu.

In der Natur der Sache liegt deshalb, dass es selbstverständlich stets Ausnahmen gibt und nicht alle der folgenden Punkte auf jede Frau oder jeden Mann zutreffen.

Dennoch sind solche statistischen Durchschnittswerte sehr hilfreich, weil sie dir realistische Erwartungen geben können – schließlich treffen sie per Definition auf den Großteil der Bevölkerung zu.

Weiterhin handelt es sich bei diesen Punkten selbstverständlich nicht um subjektive Wertungen und hat deshalb nichts mit “besser oder schlechter” zu tun, sondern es sind schlichtweg wissenschaftliche Erkenntnisse, die statistisch gesehen auf die meisten von uns zutreffen.

Sehen wir uns also im Folgenden die wichtigsten Unterschiede zwischen Frauen und Männern beim Krafttraining an – und welche Auswirkungen das auf ihre jeweiligen Trainingsprogramme hat.

1. Frauen schaffen mehr Wiederholungen

Frauen schaffen bei einer gegebenen Trainingsintensität (in % ihrer Maximalkraft) mehr Wiederholungen als Männer (Studie).

Der Grund dafür ist, dass Frauen anteilig mehr und proportional größere Typ-1 Muskelfasern haben als Männer, welche ausdauernder sind als Typ-2 Fasern (Studie).

Außerdem tendieren durch regelmäßiges Training einige der Typ-1 Fasern von Männern dazu, sich in Typ-2 Fasern umzuwandeln, während das bei Frauen nicht der Fall ist (Studie).

Das führt dazu, dass beispielsweise Trainingsprogramme mit festen Wiederholungszahlen (wie etwa “3 Sätze mit 8 Wiederholungen bei 80% RM”) Männer näher ans Muskelversagen bringen und stärker ermüden als Frauen.

Folglich ermüden Frauen weniger stark pro Satz als Männer (Studie).

Beispiel: Bei 6 Sätzen mit 5 Wiederholungen müssen Männer in der Regel beim 4ten und 5ten Satz das Gewicht deutlich reduzieren, während Frauen das wesentlich besser verkraften und oft bis zum letzten Satz dasselbe Gewicht nutzen können.

2. Frauen brauchen kürzere Pausenzeiten

Frauen erholen sich zwischen den einzelnen Sätzen wesentlich schneller als Männer (Studie, Studie, Studie).

Sie fühlen sich schneller wieder bereit für den nächsten Satz und schaffen schneller wieder dieselben Wiederholungen.

Ihr Herz-Kreislauf-System und ihre Atmung stellen nach wesentlich kürzerer Zeit bereits keinen limitierenden Faktor mehr dar, während Männer dann oft noch schnaufen.

Folglich ist es für viele Frauen oft langweilig oder Zeitverschwendung, auf einen männlichen Trainingspartner zwischen den Sätzen zu warten. 

3. Frauen vertragen höhere Trainingsfrequenz

Frauen erholen sich nicht nur zwischen den Sätzen einer Trainingseinheit schneller als Männer, sondern auch zwischen den einzelnen Trainingstagen (Studie). 

Frauen produzieren bekanntlich wesentlich mehr Östrogen als Männer, was ihnen in mehreren Aspekten einen Vorteil beim Krafttraining und Muskelaufbau verschafft.

Das Sexualhormon Östrogen unterstützt nämlich nicht nur die Reparatur von Muskelgewebe, sondern hat auch eine antikatabole Wirkung, was bedeutet, dass es den Verlust von Muskelmasse verhindert (Studie, Studie, Studie).

Folglich erleiden Frauen weniger Muskelschäden durch Training, regenerieren sich schneller und können deshalb in der Regel oft schneller wieder dieselbe Muskelgruppe trainieren als Männer (Studie).

In der Praxis führt das dazu, dass für Männer beispielsweise zwei leg days pro Woche optimal sind, während Frauen meist drei leg days machen können, ohne Übertraining zu riskieren und dadurch schneller Fortschritte machen.

4. Frauen vertragen mehr Trainingsvolumen pro Einheit

Das optimale Trainingsvolumen pro Muskelgruppe ist zwar bei Männern und Frauen weitgehend identisch, allerdings vertragen Frauen in Summe mehr Sätze von verschiedenen Übungen.

Frauen können deshalb deutlich mehr Übungen und Sätze pro Trainingseinheit machen, ohne dadurch übermäßig zu ermüden oder dass die Qualität der letzten Übungen nachlässt.

Bei den meisten Männern liegt die Obergrenze bei ca. 20 bis 25 Sätzen pro Trainingseinheit, während Frauen oft 10 Sätze mehr vertragen.

Das entspricht somit 2-3 zusätzlichen Übungen pro Trainingseinheit mit je 3-5 Sätzen.

Frauen vertragen also ein Trainingsvolumen pro Einheit, was die meisten Männer völlig kaputt machen und im besten Fall in qualitativ minderwertigen Sätzen enden würde, wenn sie es denn überhaupt absolvieren könnten.

5. Ermüdung kumuliert sich weniger schnell

Ähnlich wie beim Volumen pro Trainingseinheit ermüden Frauen auch über mehrere Wochen gesehen bei gleichem Trainingsvolumen weniger schnell als Männer.

Deshalb können Frauen entweder mehr Trainingsvolumen pro Woche absolvieren als Männer oder bei gleichem Trainingsvolumen länger trainieren, bevor sie eine Regenerationsphase benötigen.

Beispiel: Während Männer mit Trainingserfahrung nach ca. 6 bis 8 Wochen eine deload Woche brauchen, in der sie entweder pausieren oder nur leicht trainieren, können die meisten Frauen oft ein bis zwei Wochen länger trainieren, bevor sie einen Deload benötigen.

6. Weniger axiale und systemische Ermüdung

Männer vertragen häufig nur ein begrenztes Volumen von schweren Grundübungen wie etwa Kniebeugen oder Kreuzheben, bevor die axiale und systemische Ermüdung zu hoch wird.

Warum gerade solche Übungen, welche die Wirbelsäule axial belasten, besonders ermüdend sind, haben wir in diesem Artikel erklärt.

Zwar sind diese Übungen auch für Frauen anstrengend, allerdings bezahlen sie dafür einen weit geringeren „Preis“ in Form von axialer und systemischer Ermüdung.

Frauen können deshalb ein Trainingsvolumen von diesen schweren Übungen vertragen, welches die meisten Männer in ein Häufchen Elend verwandeln würde.

7. Weniger explosive Bewegungen, mehr Kontrolle

Frauen haben zwar mehr ausdauernde Muskelfasern und schaffen deshalb bei gleicher Intensität mehr Wiederholungen als Männer.

Allerdings sind Männer besser bei explosiven, dynamischen Kontraktionen als Frauen und können dabei mehr Kraft in kurzer Zeit entwickeln (Studie). 

Der Grund dafür ist, dass der dafür zuständige Bereich des Gehirns bei Männern größer ist als bei Frauen – selbst nach Berücksichtigung der unterschiedlichen Körpergröße (Studie).

Außerdem benötigen Frauen nach explosivem, dynamischem Training mehr Regenerationszeit, was im Gegensatz zu ihrer grundsätzlich schnelleren Regenerationsfähigkeit gegenüber Männern steht (Studie).

Abgesehen von der längeren Regenerationszeit bauen Frauen außerdem auch relativ gesehen weniger Muskeln durch explosives Training auf (Studie).

Umgekehrt ist bekannt, dass Frauen bei einem eher langsamen, kontrollierten Tempo bei einer Übung stärker sind und mehr Wiederholungen schaffen als Männer (Studie).

Zusammengenommen sollten Frauen also gemäß ihrer biologischen Vorteile trainieren, sprich explosive Übungen meiden und die Wiederholungen stattdessen langsam und kontrolliert ausführen.

8. Geringere relative Anstrengung

Frauen bleiben beim Krafttraining in aller Regel weiter vom Muskelversagen entfernt als Männer.

Sie denken also, dass sie näher am Muskelversagen sind, als es tatsächlich der Fall ist.

Anders ausgedrückt: die meisten Frauen unterschätzen, wie stark sie tatsächlich sind und wie viele Wiederholungen sie bei einem Satz wirklich schaffen könnten.

Möglicherweise spielen hier auch soziokulturelle Faktoren eine Rolle wie etwa, dass es in unserer Gesellschaft nicht „üblich“ oder erwartet ist, dass Frauen maximale Kraftanstrengungen vollbringen oder bis an ihr körperliches Limit gehen.

Das wiederum kann dazu führen, dass Frauen sich eher “komisch” oder “peinlich” vorkommen, wenn sie sich an ihr Limit pushen und beispielsweise bei den letzten Wiederholungen stöhnen und Grimassen ziehen, während das bei Männern als „normal“ wahrgenommen wird.

In den meisten Fällen kann das jedoch durch Coaching und eine Änderung der mentalen Einstellung zum Training effektiv verbessert werden.

9. Bessere Technik und Trainierbarkeit

Apropos Coaching: Die meisten weiblichen Anfänger nehmen Hinweise von einem Coach in der Regel schneller und konstruktiver auf als Männer.

Während das natürlich keineswegs auf alle Männer zutrifft, kommt es unter ihnen wesentlich häufiger vor, dass sie mit dem Coach “diskutieren” oder die Hinweise weniger gut umsetzen als es Frauen tun.

Außerdem haben die meisten Frauen nicht nur von Anfang an eine bessere Technik, sondern priorisieren eine korrekte Technik höher als Männer.

Männer haben nämlich oft eine Mentalität nach dem Motto “mehr Gewicht und Wiederholungen um jeden Preis”, was bei Frauen so gut wie nie vorkommt.

Fazit

Die Grundsätze des effektiven Trainings für mehr Muskelmasse und einen stärkeren, fitteren Körper sind zwar sowohl für Männer als auch Frauen weitgehend dieselben.

Indem Frauen ihre biologischen Eigenschaften zu ihrem Vorteil nutzen, können sie schneller Fortschritte beim Muskelaufbau erzielen als wenn sie exakt dasselbe Trainingsprogramm wie Männer befolgen würden. 

Zu diesen Detail-Anpassungen gehören beispielsweise kürzere Pausenzeiten zwischen den Sätzen, das Training im etwas höheren Wiederholungsbereich, eine höhere Trainingsfrequenz und etwas mehr Trainingsvolumen als Männer.

Interessant dabei ist übrigens, dass viele Frauen im Fitnessstudio bereits instinktiv viele dieser Aspekte umsetzen.

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