Warum ist Kreuzheben so anstrengend? (& typische Mythen widerlegt)

faktengeprüft

Warum ist Kreuzheben so anstrengend

Für die meisten von uns ist Kreuzheben tatsächlich eine der anstrengendsten Übungen – doch warum eigentlich?

Erstaunlicherweise sind die am häufigsten vorgebrachten “Erklärungen” dafür nämlich nachweislich falsch.

Was es mit der starken Ermüdung durch Kreuzheben auf sich hat, erfährst du jetzt.

Ermüdet Kreuzheben das zentrale Nervensystem besonders stark?

Sobald du auch nur etwas Recherche beginnst zu der Frage, warum Kreuzheben so anstrengend ist, wirst du unweigerlich auf die vermeintliche “Erklärung” treffen, dass Kreuzheben angeblich mehr als alle anderen Übungen das zentrale Nervensystem ermüdet.

Wenig überraschend wird diese Behauptung jedoch nie mit Quellen versehen und erst recht nicht mit wissenschaftlichen Studien hinterlegt.

Und das trotz der Tatsache, dass es zahlreiche Studien zum Effekt von Kreuzheben auf das zentrale Nervensystem gibt, wie du gleich sehen wirst.

Allerdings zeigen uns diese Studienergebnisse eben genau das Gegenteil und widerlegen somit diese häufig angeführte “Erklärung” – sehen wir uns deshalb die beiden häufigsten Mythen einmal genauer an: 

Mythos 1: Kreuzheben und Kniebeugen ermüden das ZNS sehr stark

Der erste weit verbreitete Mythos wird häufig als Argument vorgebracht, warum Kreuzheben und Kniebeugen so anstrengend sind.

Diesem Mythos zufolge beanspruchen intensive Übungen mit schweren Gewichten das zentrale Nervensystem (ZNS) sehr stark, wodurch es relativ schnell ermüdet.

Dies führt angeblich nicht nur zu verminderter Leistung bei folgenden Übungen, sondern könne sogar zu Übertraining führen, weil das ZNS wesentlich länger als die Muskulatur brauche, um sich vollständig zu erholen.

Weil Übungen mit hoher Intensität eine hohe Aktivität des ZNS erfordern, scheint das Argument zunächst plausibel zu sein, dass schwere Übungen mit wenigen Wiederholungen zu stärkerer Ermüdung des ZNS führen als Übungen mit geringeren Gewichten und vielen Wiederholungen, richtig?

Falsch. Die Wissenschaft zeigt uns nämlich ganz klar, dass es genau andersherum ist.

Lange andauernde Belastungen mit niedrigerer und mittlerer Intensität ermüden das ZNS wesentlich stärker als Training mit hoher Intensität und kurzer Belastungsdauer (Studie, Studie, Studie, Studie).

ZNS-Ermüdung bedeutet, dass das Gehirn / Nervensystem weniger Kontraktionssignale an die Muskulatur senden kann.

Dies steht im Gegensatz zur Muskelermüdung, bei der die Muskulatur zwar Signale erhält, diese jedoch aufgrund von Erschöpfung nicht oder nur teilweise ausführen kann.

Bei Ausdauersportlern wie beispielsweise Marathonläufern ist also eine deutliche Ermüdung des ZNS regelmäßig zweifelsfrei nachweisbar – doch wie sieht es beim intensiven Krafttraining aus?

Zahlreiche Studien konnten weder bei Hypertrophie- noch beim Maximalkrafttraining eine Ermüdung des ZNS nachweisen.

Im Gegenteil, es wurde sogar eine zeitweise Zunahme der ZNS-Aktivität nach dem Training durch Überkompensation festgestellt (Studie, Studie). 

Selbst bei dieser Studie mit Elite-Athleten, bei denen die Männer unter anderem mit 190 kg und die Frauen mit 108 kg Kniebeugen machten, wurde keinerlei Ermüdung des zentralen Nervensystems festgestellt. 

Abgesehen davon erholt sich das zentrale Nervensystem überraschend schnell.

So konnte diese Studie beweisen, dass selbst nach einer sehr starken Ermüdung (46%) durch intensives Krafttraining sich das ZNS der Teilnehmer nach nur 20 Minuten bereits wieder vollständig erholt hatte.

Mythos 2: Kreuzheben ermüdet das ZNS stärker als Kniebeugen

Weiterhin wird oft behauptet, dass Kreuzheben anstrengender sei und folglich das ZNS stärker als Kniebeugen ermüdet.

Doch auch hier bringt eine Studie Licht ins Dunkel, die genau diese Frage untersucht hat.

Dabei führten gut trainierte Männer jeweils 8 Sätze mit je 2 Wiederholungen bei 95% ihres 1RM (Maximalgewichts) sowohl beim Kreuzheben als auch Kniebeugen durch (an jeweils unterschiedlichen Tagen).

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass beim Kreuzheben trotz der höheren Gewichte sowie der Tatsache, dass mehr Muskelgruppen beansprucht werden, keine stärkere Ermüdung des ZNS als beim Kniebeugen auftritt.

Warum Kreuzheben so anstrengend ist

Wenn die vermeintliche Ermüdung des zentralen Nervensystems also nicht der Grund dafür ist, dass Kreuzheben so anstrengend ist, was dann?

Schließlich kann jeder, der regelmäßig Kreuzheben macht, bestätigen, dass diese Übung bezüglich der Ermüdung sozusagen in einer eigenen Liga spielt – lediglich Kniebeugen mit schweren Gewichten ist diesbezüglich vergleichbar.

Nach mehreren anstrengenden Sätzen von Kreuzheben sitzt oder liegst du in der Regel minutenlang zerstört am Boden und stellst dir diverse existenzielle Fragen.

An ein intensives und energiegeladenes Training anderer Übungen ist danach in der gleichen Trainingseinheit oft kaum noch zu denken.

Diese oder ähnliche Erfahrungen teilen praktisch alle von uns, nicht nur so gut wie alle Powerlifter, Gewichtheber und Bodybuilder.

Fakt ist, dass wir dank Studien zwar wissen, dass die Ermüdung des ZNS nicht der Grund dafür ist.

Allerdings gibt es leider bisher keine Studien, die uns zeigen, was stattdessen tatsächlich die Gründe für die starke Ermüdung durch Kreuzheben sind.

Es gibt jedoch mehrere Theorien, die durchaus plausibel erscheinen:

Beanspruchung vieler Muskelgruppen

Es ist sicher kein Zufall, dass Kreuzheben und Kniebeugen nicht nur die anstrengendsten Übungen sind, sondern auch diejenigen, bei denen die meisten Muskelgruppen gleichzeitig beansprucht werden.

Weil du mit nur einer Übung wie Kreuzheben enorm viele Muskeln gleichzeitig trainierst, ist es zwar eine sehr effiziente Übung – schließlich müsstest du alternativ viele Isolationsübungen machen, um dasselbe Maß an Muskelwachstum zu stimulieren.

Die Kehrseite davon ist jedoch, dass du eben auch die Ermüdung von mehreren Übungen kombiniert in einer Übung bekommst.

Schließlich muss dein Körper und insbesondere dein Herz-Kreislauf-System eine Vielzahl der größten Muskelgruppen deines Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen, weshalb du nach beispielsweise 8 harten Wiederholungen von Kreuzheben außer Puste bist und dir das Herz schlägt, als ob du einen 100-Meter-Sprint gemacht hättest.

Darüber hinaus ist die Ermüdung wahrscheinlich noch höher als die Summe von mehreren Isolationsübungen, weil Kreuzheben eine sehr komplexe Übung ist, bei der du deinen gesamten Körper mit präziser Technik koordiniert bewegen musst, was zusätzliche Anstrengung und Konzentration erfordert.

Hohe Belastung der Wirbelsäule

Weitgehend einzigartig beim Kreuzheben und Kniebeugen ist außerdem die Tatsache, dass du relativ schwere Gewichte benutzt, die komplett von deiner Wirbelsäule getragen werden.

Nur sehr wenige andere Übungen erlauben derart hohe Gewichte – beispielsweise die Beinpresse – dabei wird das Gewicht allerdings nicht von deiner Wirbelsäule getragen.

Zwar ist bekannt, dass diese axiale Belastung der Wirbelsäule sehr gesund ist und unsere Knochenmineraldichte erhöht, wie wir in diesem Artikel erklärt haben.

Allerdings besteht die Vermutung, dass der menschliche Körper besonders sensibel auf die Ermüdung der Rückenstrecker und Wirbelsäule reagiert.

Anders ausgedrückt: Wir sind grundsätzlich insgesamt erschöpft, wenn unser Rücken erschöpft ist.

Starke Ermüdung der Hände

Die schweren Gewichte beim Kreuzheben belasten unsere Hände sehr stark.

Nicht nur, weil Kreuzheben eine hohe Griffstärke erfordert, sondern auch, weil die schwere Hantel Blasen an deinen Händen verursachen oder sogar die Haut aufreiben kann.

Eventuell hast du schon einmal den Homunculus gesehen, einer Darstellung des menschlichen Körpers basierend auf einer neurologischen “Karte”, welche die verschiedenen Körperteile gewichtet darstellt – basierend auf ihrer motorischen Funktion im Gehirn sowie sensorischen Empfindsamkeit. 

Auffallend ist, wie groß die Hände in dieser Repräsentation sind, weil sie enorm viele Nerven haben und sehr feinfühlig sind.

Es ist also wenig verwunderlich, dass wir uns schwach fühlen, wenn unsere Hände durch schweres Kreuzheben ermüdet sind, weh tun und zudem unsere Griffstärke für andere Übungen deutlich geringer ist.

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