Kann man Faszien fühlen? 6 häufige Fragen (beantwortet)

faktengeprüft

Kann man Faszien fühlen

Faszien kann man fühlen. Oder besser ausgedrückt: Mit Faszien kann man fühlen.

Im Zusammenspiel mit der Muskulatur stellen Faszien unser wohl reichhaltigstes Sinnesorgan dar.

So kann man fühlen, ob das Bindegewebe gesund ist. Einschränkungen wie Verklebungen oder Verhärtungen sind ebenfalls intensiv wahrnehmbar.

1. Fühlt man gesunde, geschmeidige Faszien?

Gesunde und geschmeidige Faszien kann man mit einer geschulten Wahrnehmung fühlen. Im Fasziengewebe sind nämlich zahlreiche Rezeptoren eingelagert [1].

Dadurch kann man natürlich auch alle Reize fühlen, die auf das Gewebe einwirken. Die eingelagerten Sinneszellen nehmen insbesondere mechanische Kräfte wahr und übersetzen diese in biochemische Signale [2].

Diese sogenannten faszialen Mechanorezeptoren sind überaus empfindlich [3]. Sie reagieren vor allem auf kräftige Dehnreize, anhaltenden Druck sowie wechselnden Druck.

Auf diese Weise kann man die Geschmeidigkeit der Faszien durchaus wahrnehmen. Um gesunde Faszien bewusst fühlen zu können, braucht man eine entsprechend geschulte Wahrnehmung [4].

Das lässt sich mit Achtsamkeitstraining erreichen. Außerdem liegt das Zusammenspiel zwischen dem inneren Empfinden und der Fasziengesundheit vielen fernöstlichen Entspannungstechniken zugrunde [5].

2. Wie fühlen sich gesunde, geschmeidige Faszien an?

Wenn deine Wahrnehmung bereits ausreichend geschult ist und du nun wissen willst, wie sich gesunde und geschmeidige Faszien anfühlen: Steh am besten kurz auf und strecke dich ausgiebig.

Gesunde Faszien geben uns das Gefühl, vollkommen beweglich zu sein. Wenn du deine Schultern kreisen lässt oder ein Bein streckst, solltest du keine Widerstände spüren.

Die Gelenke lassen sich in ihrem vollen Bewegungspotenzial frei einsetzen. Geschmeidige Faszien scheinen locker zu gleiten und sind im alltäglichen Einsatz schmerzfrei.

Trotzdem dürfen auch gesunde Faszien weh tun. Wenn du jetzt versuchst mit durchgestreckten Beinen aus dem Stand den Boden zu berühren oder eine andere Dehnübung durchführst, solltest du einen entsprechenden Dehnschmerz bemerken.

Denn genau dafür sind die Mechanorezeptoren in den Faszien da. Sie geben uns eine Rückmeldung über das Ausmaß unserer Beweglichkeit.

Wenn die Faszien und die darin liegenden Sinneszellen gesund sind, übertragen sie beim Stretching früher oder später einen entsprechenden Schmerzreiz.

Der Zweck liegt darin, unser Bewegungssystem vor fehlerhaften Bewegungsabläufen, Überbeanspruchung oder schädlichen Einwirkungen zu schützen.

Deshalb ist es vollkommen normal und notwendig, dass man auch gesunde und geschmeidige Faszien fühlen kann.

3. Kann man verklebte Faszien fühlen?

Man kann auch verklebte Faszien deutlich fühlen. Nackenschmerzen werden häufig von Faszienverklebungen oder Verfilzungen des Bindegewebes verursacht [6].

Dabei werden sie oft mit Muskelverhärtungen verwechselt. Der Unterschied ist schwierig wahrzunehmen, da beide Systeme miteinander verwachsen sind und sich gegenseitig beeinflussen.

4. Wie fühlen sich verhärtete Faszien an?

Verhärtete Faszien fühlen sich ähnlich wie verklebte Faszien an. Auf körperlicher Ebene machen sie sich ebenfalls oft durch ein verspanntes Gefühl oder einen erhöhten Tonus bemerkbar.

Außerdem kann es vorkommen, dass du auch bei alltäglichen Bewegungen immer das Gefühl hast, als würde etwas „ziehen“. Betroffene berichten, dass sie sich wie in „eine Wurst eingepresst“ fühlen [7].

Das ist insbesondere bei einer Verletzung, einer schwer heilenden Wunde oder Problemen mit dem Gefäßsystem (wie zum Beispiel Krampfadern) der Fall. Auch eine Operation kann zu Verhärtungen im Fasziengewebe führen.

Verhärtete Faszien fühlen sich fest und steif an [8]. Du empfindest dich als unbeweglich und eingeschränkt bei deinen alltäglichen Verrichtungen.

Wie fühle ich mich bei verklebten und verhärteten Faszien?

Verklebte und verhärtete Faszien haben auch auf die Psyche einen starken Einfluss [9]. Dafür ist das sogenannte Körpergedächtnis verantwortlich.

Unsere Sinnesorgane nehmen Eindrücke wahr und speichern diese zusammen mit Emotionen und Bewegungsmustern ab. Die Faszien erinnern sich also an negative Erlebnisse und Stress [10].

Diese „impliziten Gedächtnisinhalte“ bleiben in der Regel unbewusst [11]. Trotzdem haben sie Auswirkungen auf unser Wohlbefinden [9].

Daher fühlen sich viele Menschen innerlich unruhig und gestresst, wenn die Faszien einen erhöhten Spannungszustand aufweisen [6].

In diesem Falle lösen Verklebungen oder Verhärtungen ungute Gefühle aus – und nicht umgekehrt.

5. Wie fühlt sich Faszienkater an?

Faszienkater fühlt sich im Prinzip wie Muskelkater an [12]. Kein Wunder, denn tatsächlich handelt es sich bei Muskelkater in den meisten Fällen in Wirklichkeit um Faszienkater.

Das ist eine relativ neue Erkenntnis der medizinischen Forschung. Lange Zeit hatte man darüber gerätselt, wie Muskelkater entsteht und nur theoretische Erklärungsmöglichkeiten vorgebracht.

Erst moderne Mikroskopiertechniken konnten zeigen, dass nach intensiver sportlicher Betätigung die sogenannten Z-Scheiben einreißen. Dabei handelt es sich um kleinste funktionelle Einheiten der Muskelfibrillen.

Der Schmerzreiz, der daraufhin entsteht, ist als Muskelkater bekannt. Allerdings wird beim Training auch das Fasziengewebe belastet, das um den Muskel herum liegt.

Bei genauerer Untersuchung zeigte sich, dass die Faszien sogar stärker in Mitleidenschaft gezogen werden als die Z-Scheiben der Muskelfibrillen [12]. Weitere Experimente haben den Verdacht erhärtet.

Wahrscheinlich entsteht der typische Schmerz im Zusammenspiel mit den zahlreichen Rezeptoren im Fasziengewebe.

Man geht seitdem davon aus, dass es sich beim Muskelkater also in Wirklichkeit um Faszienkater handelt – oder dass aus Muskelkater eben ein Faszienkater wird [13].

Deswegen fühlt sich ein Faszienkater wie ein Muskelkater an. Nach einer Faszienmassage oder intensivem Faszientraining entwickelt sich oft ein ähnliches Gefühl.

Das Gefühl eines Faszienkaters erstreckt sich wie beim Muskelkater über folgende Symptome [13]:

  • Gefühl der Kraftlosigkeit und Steifigkeit
  • Schmerzen bei Bewegung
  • Berührungsempfindlichkeit
  • Schwellung der betroffenen Region
  • Verringerte Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit

Während der Regeneration sollte es vermieden werden, die betroffene Region übermäßig zu belasten.

Bei Schwellungen hilft oft Kühlen, während Wärme die Durchblutung anregt und dafür sorgt, dass sich die betroffene Region wieder besser anfühlt.

6. Wie fühlt es sich an, wenn Faszien sich lösen?

Wenn verklebte oder verhärtete Faszien sich lösen, fühlt sich das oft angenehm warm an [14]. Das ist ein Hinweis für einen aktiven Stoffwechsel in der betroffenen Region.

Einige beschreiben das Gefühl, als würde etwas in der Muskulatur „loslassen“. Nach einer Weile verschwinden auch das charakteristische „Ziehen“ und die typische Steifigkeit.

Außerdem lassen Schmerzen meist deutlich nach und man fühlt sich beweglicher als vorher.

Das Lösen von Faszien trägt auch zur Entspannung bei [15]. Im Zusammenhang mit dem Körpergedächtnis kann es sein, dass sich dadurch ausgelöste Angstzustände deutlich reduzieren.

Fazit

Die Faszien geben aufgrund ihrer zahlreichen Sinneszellen ein sehr intensives Feedback.

Mit Achtsamkeit und regelmäßigen Körperwahrnehmungsübungen, kann man gut einschätzen, ob die Faszien gesund sind.

Verklebungen und Verhärtungen machen sich mit Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und einem steifen Gefühl bemerkbar.

Wenn sich Faszien lösen, verschwinden häufig auch diese unangenehmen Empfindungen.

Quellen

1. Egger R, Schoberwalter H. Was sind Faszien? In: Egger R, Schoberwalter H (Hrsg.). Dynamische Faszien. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2017: 3–16

2. Wiederkehr G. Bioenergetische Funktionsdiagnostik nach Rosalyn L. Bruyere. In: Wiederkehr G (Hrsg.). Berührende Pflege – Therapeutic Touch. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2021: 163–84

3. Schleip R. Faszien und Nervensystem. Osteopathische Medizin 2003; 4: 20–9

4. Egger R, Schoberwalter H. Dynamische Faszien – Ernährung und Schleim. In: Egger R, Schoberwalter H (Hrsg.). Dynamische Faszien. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2017: 25–32

5. Egger R, Schoberwalter H. Der Shaolin-Weg im Faszientraining. In: Egger R, Schoberwalter H (Hrsg.). Dynamische Faszien. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2017: 17–23

6. Andrä M, Bleuel S, Pfitzer T. Funktionelles Faszientraining mit der Blackroll. München: Riva, 2015

7. Mendoza E. Das offene Bein. In: Mendoza E (Hrsg.). Ratgeber Krampfadern, Beinschwellung und Thrombose. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2016: 103–17

8. Reim N. Faszien: Warum unser Bindegewebe so wichtig für Knie, Schultern und Rücken ist ; was Sie für Ihr Faszien-Training brauchen und wie es funktioniert. [Erscheinungsort nicht ermittelbar]: Mankau Verlag GmbH, 2016

9. Grassmann H. Die strukturelle Körpertherapie. Trauma – Zeitschrift für Psychotraumatologie und ihre Anwendungen 2019; 17: 50–60

10. Grassmann H, Pohlenz-Michel C. Die Reorganisation des Körpergedächtnissystems. Co-Med 2006: 1–4

11. Schacter DL. Implicit memory: History and current status. Journal of Experimental Psychology: Learning, Memory, and Cognition 1987; 13: 501–18

12. https://www.ist-hochschule.de/blog/faszienkater-oder-muskelkater/ (letzter Zugriff am 16.06.2022)

13. Schleip R, Buschmann B, Bayer J. Faszien Krafttraining: Optimal Muskeln aufbauen, die Figur definieren und Verletzungen vorbeugen – das neue Gerätetraining nach dem Panther-Prinzip. München: Riva, 2016

14. Wolter G. Gua Sha – Schmerzen und Verspannungen lösen. ergopraxis 2016; 9: 28–30

15. Balke-Holzberger U. Zittern Sie sich frei!: Mit Faszien-Stress-Release Verspannungen, Ängste und Schmerzen auflösen, 2. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta, 2018

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